Prof. Harald Welzer, der führende deutsche Sozialpsychologen sprach Im Rahmen des Nachhaltigkeits Sommersemesters 2013 der HTWG Konstanz mit Meinhard Schmidt-Degenhard über seine aktuellen Forschungen und Projekte. Titel der Veranstaltung war “Rückblick auf die Zukunft”.
“Unterm Strich zähl’ ich”. Am Beispiel dieses Werbeslogans der Postbank macht Harald Welzer den Ausdruck einer gesellschaftlichen Haltung von Hyperkonsum, Gier und Egozentrik deutlich. Es geht um die Tatsache, dass jeder Mensch ca. 10.000 Dinge besitzt und was das für Folgen auf sein Wirken und seine Umwelt hat. 50.000 Produkte im Supermarkt führen zwangsläufig zu immer merh ansteigendem Konsum, kürzeren Produktzyklen und somit auch mehr Müll. Das geht momentan noch, ist aber immer auf Kosten von anderen – sprich meist zu Lasten von anderen Ländern, die das 5 Euro T-Shirt bei uns mit einem wesentlich höheren Preis bezahlen müssen. Die Organisationsvorteil der reichen Länder und der Klimawandel tragen zu einer erzwungenen Migration bei und im Gegenzug steigt die Grenzsicherung gegenüber den Klimaflüchtlingen.
Weiteres Wachstum kann hier sicherlich nicht die Lösung sein. Vielmehr eher der Weg der Verringerung von Effizienz, und die Abkehr von einem scheinbar immer besseren, schnelleren, erweiterten und bequemerem Lebensstil. Der Kapitalismus hat sich im Laufe der zeit verselbständigt, gräbt seine eigenen Grundlagen ab, auf denen er aufgebaut wurde, wie z.B. Ressourcen und soziale Gefüge und gleicht somit dem Zauberlehrling, der der Geister nicht mehr Herr wird, die er rief. Fremdversorgerstrukturen nehmen zu, die eigene Verantwortung in der Umkehr ab. Wir bekommen vieles fixfertig präsentiert und müssen kaum mehr selber denken, was wirklich richtig und falsch ist. Wir haben immer weniger Wirksamkeitserfahrungen und echte persönliche Erfolgserlebnisse. Und das nur, um den zivilisatorischen Standard aufrecht zu erhalten zu versuchen.
Und dabei glauben nur noch 13% der Bundesbürger, dass es ihre Kinder einmal besser haben werden, als sie selbst. Ist das nicht ein direktes Zeichen, das da was Falsch auf Pump und mit eingebautem Verfallsdatum läuft gerade?
Was kann man jetzt und hier tun? Wissen anhäufen? Moralin vergießen und ein bigotte Haltung einnehmen? Prof. Harald Welzer gibt auch hierauf ein klare Antwort: Die Praxis. z.B. Mikrogenossenschaften, Transition Towns und Tauschhandel als direkt und sofort umsetzbares Mittel. Dies macht Sinn und erzeugt auch noch ein gutes Gefühl. Dinge einfach mal anders tun, als gewohnt. So wie der Schuhhersteller aus dem Waldviertel der alle regeln des klassischen BWL einfach über den Haufen geschmissen hat was Gehaltsstrukturen, Lieferantenketten und soziale Regeln in seinem Betrieb betrifft – und damit überaus erfolgreich ist. Lokale Kulturen etablieren und dabei den nachhaltigen Aspekt immer mit dem sozialen Verbinden, das ist ein vielversprechender Weg für ein Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft. Diese Veränderung der Praxis ist ein Prozess, den man üben muss. Im privaten und im geschäftlichen.
Auf meine Frage hin, was er denn für einen Tip für einen Kommunikationsdesigner hätte, wie man mit Branding und Werbung umgehen soll, schreibt mir Herr Harald Welzer dann als Widmung in das Buch Selber Denken: “Tip: Für eine andere Haltung werben.” Das werde ich sicherlich beherzigen. Im Blauton stimmen naturblau+++ und der Bucheinband von Selber Denken ja schon mal überein. Die Inhalte, das ist es, woran wir arbeiten und steig besser werden wollen.
weitere Infos: futurzwei.org
Lese “Selber Denken” bereits auf den letzten Seiten .Auch “Mentale Infrastrukturen” und “Klimawandel”
kenne ich. Alles Trift genau meine Vorstellungen. Die
stammen vielleicht schon aus den Grimm-Märchen:
“Der süsse Brei” und “Der Fischer und seine Frau”.
Und A.Schweitzers Spruch “Das gute Gewissen ist des Teufels “wird wohl auch stimmen. Herzl. Gruß