Am 15. Juli 2012 findet der zweite Wahlgang statt, der den KonschtanzerInnen einen neuen Oberbürgermeister bescheren wird. Drei der ursprünglich 13 KandidatInnen sind noch (ernsthaft) im Rennen: Uli Burchardt, Dr. Sabine Seeliger, Sabine Reiser. Wie sehen die Plakate aus, mit denen die Lager auf Stimmenfang gehen? Zuweilen ist es in der Politik wie beim Design – das Argument bzw. der Bewerber will auch anständig präsentiert werden. Beim Werben um die Wählergunst und -stimme entscheided nicht nur, was dahergesagt wird, sondern auch wie es kommuniziert und transportiert wird. Das Medium Wahlplakat im öffentlichen Raum ist dafür wunderbar geeignet, man muss es halt auch gut zu nutzen wissen. Dann mal los:
Plakatmotiv Nr. 1: Uli Burchardt
Auf dem Plakatmotiv lächelt einem ein charmanter Wunschschwiegersohn aller Mütter offen und sympathisch entgegen. Eine schicke Brille und ein kecker Ohrring sind seine Accessoires. Darunter sehen wir in moderner Typografie seinen Namen mit einem Punkt versehen. So sei es. Die Internetadresse und der Slogan “Echt Konstanz” ergänzen den schlichten und aufgeräumten Gesamteindruck. Ein sonnig-warmes Farbenspektrum im Fotomotiv wird mit dem leicht geschwungenen Einsatz eines Blautons hinter dem Slogan kombiniert. Es gibt lediglich eine Variante des Plakatmotives an den Laternenmasten in der Stadt zu sehen bisher. Wer will, dem fällt’s angenehem auf und folgt dem Grundsatz “Weniger ist Mehr”. Wer unken mag, der könnte noch anmerken, dass wenn das Plakat allein zu sehen ist, man nicht weiß worum es dabei geht. Nämlich um eine Kandidatur zum Oberbürgermeister. Dies ist jedoch ob der mannigfachen Plakatflut, v.a. an Orten von größerem öffentlichen Interesse, schnell obsolet. Schöne Kampagne – gratuliere den Machern und der begleitenden Agentur dazu.
Plakatmotiv Nr. 2: Dr. Sabine Seeliger
An Bodenaufstellern und Laternenmasten wirbt Dr. Sabine Seeliger visuell um die Gunst der Wähler. Bei der Gestaltung ist oben ihr Namen in Weiß gefolgt von dem roten Schriftzug “OB für Konstanz” zu sehen. Darunter ihr Portraitfoto vor grünem Hintergrund – hübsch passend zur Parteizugehörigkeit. Im unteren Bereich links die Internetadresse und auf der rechten Seite ein Dreiklang: Gemeinsam …denken …gestalten …handeln. Ebenfalls vor einer grünen Farbfläche, welche noch abgetönt einige von Tropfen erzeugte Wasserringe aufzeigt (Warum denn nur? ich finde es regnet doch gar nicht so oft in Konstanz?) Gestalterische Punktabzüge gibt es bei der Fotomotivauswahl. Hier könnte man den Eindruck gewinnen, dass Frau Seeliger – ihrem etwas ungläubigen Gesichtsausdruck nach – vom Fotografen überrascht wurde. Es gibt auch Defizite bei der Typografie. Rote Schrift auf grünen Grund ist nicht gerade lesefreundlich, schon gar nicht in der Fernwirkung. Die seltsamen drei roten Punkte vor den Schlagwörtern stehen in der Mitte der Wörter wie Aufzählungspunkte und nicht unten. Das ist gestalterisches Grundhandwerkzeug, das man in der Liga einfach können muss. Frau Seeliger kann das ja selbst politisch-inhaltlich auch wesentlich besser im Vergleich dazu. Dennoch der Gesamteindruck ist auch hier nett und aufgeräumt.
Ein Plakatmotiv-Update erschien pünktlich zum zweiten Wahlgang. Neuer Slogan, neues Bild (jetzt auch mit Lächeln!) – insgesamt klarer und besser. Auch an Nachhaltigkeit bei der Werkstoffwahl wurde gedacht: Papierplakate (recycling), auf wiederverwendbaren Leimholzplatten aufgezogen. Sauber sog i.
Plakatmotiv Nr. 3: Sabine Reiser
Als Plakat und als kleiner Aufsteller und als großer Aufsteller und als Wahlmobil und wenn man Pech hat auch noch persönlich bekommt es der Nutzer des öffentlichen Raumes mit Sabine Reiser zu tun. Hier wird nicht gekleckert, sondern anständig geklotzt. Und wehe, jemand ist ihrem jokerhaften Dauergrinsen noch entronnen bisher in der Peitschenschlagwahlkampagne der Frau Reiser. Zurück zum Plakat: Das obligatorische Portraitfoto ist hier freigestellt vor Weißer Fläche. Oben ein kleiner grüner schräger Farbbalken und unten eine hellblaue Farbfläche mit Name und Internetadresse, nebst QR Code. (ob mein Handy wohl zu grinsen beginnt, wenn ich den einscanne?) “Moderne Politik für eine offene Stadt” ist der Slogan. Insgesamt recht sauber und solide gemacht. Drei Minuspunkte gibt es hierbei: Erstens: Der Grafiker-Praktikant hat die Haare der Dame nicht sauber und fein freigestellt – an solch einer Föhnfrisur scheitert selbst Drei-Wetter-taft in der Realität. Zweitens: Die Internetadresse ist unglücklich lang gewählt und birgt ein gewisses “ich brauch lang und verschreib mich mal gern-Risiko” in sich. Und Drittens: Die Kandidatin selbst.
So, und damit die anderen KandidatInnen, die nicht mehr zum zweiten Wahlgang angetreten sind – oder in drei Fällen es hätten besser bleiben lassen-, auch bedacht werden, hier noch ein Schnelldurchlauf derer Plakate:
Benno Buchczyk
Seine eigenen Plakate: gruselig.
Seine Guerilla-Marketing-Idee mit dem (legalen!) Ergänzen der anderen Mitbewerberplakate mit “…oder Benno!”: genial.
Andreas Kaltenbach
Aus Konstanz. Mit Konstanz. Für Konstanz…Für die Katz.
Martin Luithle
Die Abkürzung “ML” im runden Button erinnert ein bisschen an das “RW” Logo von Robbie Williams. Sein Gesicht eher nicht. Auch besser so, sonst wäre es da womöglich noch zu Verwechslungen beim ersten Wahldurchgang gekommen.
Mykola Neumann
Passend zur Fussball EM – nicht zu einer OB Kandidatur.
Henning Tartsch
Großes Auto, große Sprüche, falscher Film.
Und dazu auch noch selbst ‘ne Werbeagentur. Da erwartet man sich echt mehr (wenigstens grafisch).
Sven Zylla
Anfangs die Hoffnung auf etwas Unkonventionelles, leider durch 08/15-Kampagne enttäuscht.
Als Mensch sehr nett und sympatisch. Besser so als anders rum.
Klaus Springer
Handgestrickt. Gesicht verschattet. Hinter’m Pfosten hat noch keiner ‘nen Preis gewonnen; und schon gar kein Bürgermeisteramt.
Von den anderen MitbewerberInnen Silvia Großmann, Roman Urban, Thomas Linz und Sonstige liegen mir leider keine Plakatmotive vor. Wer weiß, wozu das aber auch sein Gutes haben könnte. Der öffentliche Raum ist ja eh schon genug visuell verschmutzt.
Grundsätzlich ist die Plakatanalyse zur OB-Wahl eine super Idee!
Allerdings sollte man dann doch bitte objektiv an die Sache rangehen und tatsächlich nur die Plakate in Bezug zur Wirksamkeit beschreiben. Persönliche Angriffe gegen die Kandidaten haben da nichts verlorgen.
Mein Plakat ist Eines unter vielen. Also braucht es Aufmerksamkeit. Die EM als Aufhänger bietet sich da natürlich an. Das Plakat passt also hervorragend zum OB-Wahlkampf. Die Inhalte findet man dann auf der Homepage von mir. Die Vergleiche der Plakate wären auch besser, wenn die Fotos der Plakate besser ausbelichtet wären. Übrigens, ich habe meine Plakate bewusst nicht auf Plastik gedruckt, sondern habe Papierplakate auf wiederverwendbaren Leimholztafeln (wird aber kommischerweise nicht hervorgehoben). Und, ich habe nicht im Wahlkampf nochmal 200 Plakate ausgetauscht (was für eine Verschwendung) wie bei Frau Dr. Seeliger geschehen. Ich finde, dass ist nicht umweltbewußt (stimme Ihnen aber zu, dass das zweite Plakat von ihr besser ist).
Es kommt mir so vor, als ob man die Grundkomposition auch bei wechselnder Beleuchtung und Belichtung erkennen könnte.
Schöne Idee Deine Plakatbeschreibungsaktion. Ist aber wenig aussagekräftig weil subjektiv-suggestive Beurteilungen, selbst schlechte Kameratechnik. Ausgesuchte Plakate sind hier mit anderer helleren Blende, Zeit und wechselnden Wettersituationen fotografiert worden. Bei Neumann, Kaltenbach, Benno und bei mir sieht man es deutlich. (alter Pfadfindertrick) wie gesagt: schöne Idee diese Aktion.