Münchens Nein zur dritten Startbahn

Die Münchner haben den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen Franz-Josef Strauss verhindert. Aber sie sind keine Wutbürger, sondern wollen keinen Wohlstand um jeden Preis.

Als in Stuttgart über Monate hinweg Tausende Menschen auf die Straßen gingen, kamen diese Wutbürger aus der Mitte der Gesellschaft. In München gab es diese Wut nicht. Das Nein zur dritten Startbahn, die aus dem Flughafen einen Airport gemacht hätte, der so groß wäre wie der in Frankfurt am Main heute – dieses Nein wurde mehrheitlich nicht von Wut getrieben, sondern es kam vor allem von Wohlstandsbürgern, die meinen, München gehe es doch schon gut genug.

Warum muss diese Metropole weiter wachsen? Warum sollen noch mehr Unternehmen herziehen, wo es schon Siemens und Microsoft, BMW und General Electric gibt? Warum soll der Großraum noch größer, warum das Umland weiter zersiedelt werden? Warum sollen entlang des Autobahnrings, der München umschlingt, noch mehr praktische, aber hässliche Megamarkt-Ansammlungen entstehen, wie man sie einst nur aus den USA kannte? Und warum sollen noch mehr Menschen hier landen, die noch mehr Geld mitbringen, wenn am Ende bloß die Mieten weiter steigen und die Gentrifizierung ganzer Stadtviertel voranschreitet?

Die Münchner haben, auch wenn sie nicht monatelang demonstriert haben, letztlich ähnliche Fragen gestellt wie die Bahnhofsgegner von Stuttgart, wie die Flughafengegner von Frankfurt oder wie die Bürger im vornehmen Südwesten Berlins, die dagegen protestiert haben, dass die Einflugrouten für den neuen Großflughafen über ihre Gärten führen. Sie alle fragen sich: Muss das sein? Und das ist gut so, dass diese Fragen immer häufiger gestellt werden und auch Gehör finden. Egal aus welcher sozialen oder demografischen Bürgerschicht, egal ob Wut- oder “Mia san Mia”-Bürger. Sie alle wollen sich ein Stück Heimat und Geborgenheit bewahren. Diesen Menschen fällt es schwer, ständig neuen Wohlstandsversprechen zu folgen, die von Politikern und Unternehmensführern verbreitet werden. Sie stemmen sich nicht bloß gegen einzelne Großprojekte vor ihrer Haustür (und der Münchner Flughafen ist ja nicht mal vor ihrer Haustür), sondern auch gegen einen übertriebenen Fortschrittsglauben. Dieses Nein zur Startbahn ist ein Ja zu einer neuen Form des Wohlstandes – der Genügsamkeit und der Reduktion auf mehr Wesentliches.

Einzig im Grabe Franz-Josefs könnte es etwas grummeln granteln, da nun “sein” Flughafen nicht noch vermeindlich mächtiger geworden ist. Aber wen kümmert das schon wirklich. (Quellen: Süddeutsche.de, ZeitOnline)

> Link zur Webseite von aufgeMUCkt – Aktionsbündnis gegen den Ausbau der Flughafen Münchens

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